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Laudatio zu Ehren "55 Jahre Leibgarde" des CCM

von Denny Lukes anläßlich der Veranstaltung zu "55 Jahre Leibgarde" am 10.11.2018 in der TEWA

Damals 1992, vor 26 Jahren, gab es in der TEWA einen kleinen Jungen, der mit großen funkelnden Augen zu dem damaligen General Ingo Reim und seiner Leibgarde aufschaute. "LEIBGARDE STILL GESTANDEN"! Mist, vor lauter Schreck den ersten Schritt verpasst. Schnell noch mal den zu großen Hut zu Recht gerückt.
"HERR KAPELLMEISTER GEBEN SIE 4 TAKTE VOR". Die Rassel begann zu spielen. Es ging los. Und als die Pauke das erste Mal geschlagen wurde, zitterte der ganze kleine Körper. Mit schwarzen Schuhen, grauer Filzhose und viel zu großer
weißer Jacke, aber voller Stolz, ging es zum ersten Mal mit dem eigenen kleinen Holzgewehr in den großen TEWA Saal. Alle Gäste erhoben sich und applaudierten dem ersehnten Einmarsch der Leibgarde zu.
Plötzlich…die Aufregung war weg, die Freude groß und an diesem Tag war dem kleinen Jungen klar, wenn ich mal groß
bin, will ich auch mal ein richtiger Leibgardist werden. Dieser Tag war übrigens auch der Tag, an dem Dackel zum ersten Mal nicht mehr der Kleinste in der Leibgarde war.

Dieser emotionale Moment war für mich damals der ausschlaggebende Punkt ein Leibgardist werden zu wollen und sollte für mich nicht der letzte emotionale Moment in der Leibgarde gewesen sein. Solch emotionale Momente hatte sicherlich jeder hier
anwesende Leibgardist in seiner Karnevalszeit ein Mal erlebt und erinnert sich daran noch gern zurück.

Deswegen sind wir heute Abend hier zusammen gekommen, um genau diese besonderen Momente, während des 55- jährigen Bestehens der Leibgarde, zu feiern und um uns genau an diese schönen Zeiten zu erinnern.
Erinnern wollen wir uns aber auch an die schönen Zeiten mit den Leibgardisten, die den heutigen Abend leider nicht mehr mit uns erleben können. Doch fangen wir von vorn an.

Es war das Jahr 1961, als sich der Carnevals Club Molbitz erfand und es zum Schutze des Prinzenpaares zwei Polizisten gab - Günter Dietrich und Rolf Hilker. Dass ein Zwei-Personen-Schutz in unserer karnevalistischen Region für die Bewachung eines Prinzenpaares nicht ausreichen würde, wurde schnell klar und die dorfansässige Feuerwehr musste somit die heutigen Aufgaben der Leibgarde mit übernehmen.

So entstand schließlich im Jahre 1963 die Idee zur Gründung einer Leibgarde.
Die zwei Polizisten wuchsen zu einer Polizeigarde und im Jahre 1964 formierte sich unter dem 1. General Waldemar Diesel schließlich die uns heute bekannte Leibgarde.
Die damaligen Feuerwehruniformen wurden fortan gegen schwarze Hosen, weiße Kellnerjacken und Napoleonhüte ausgetauscht. Mit neuem Namen und neuem Erscheinungsbild war es von diesem Tage an die Aufgabe der Molbitzer Leibgarde, für den Schutz des amtierenden Molbitzer Prinzenpaares zu sorgen.
Um dieser Aufgabe, einer pflichtbewussten Bewachung des Prinzenpaares nachzukommen, musste natürlich noch für eine entsprechende Bewaffnung der Leibgarde gesorgt werden. Der General erhielt einen Säbel, welcher von Kurt Bergner gestiftet wurde und durch freundliche Unterstützung der Familie Diesel wurden die restlichen Leibgardisten mit den uns noch heute bekannten Holzgewehren ausgestattet. Holzgewehre welche später für große Augen in den ersten Reihen sorgten, wenn sie
durch die Lüfte flogen, Holzgewehre die bei einer Verkehrskontrolle schon Mal einen Polizisten die Waffe ziehen ließen oder auch die Holzgewehre deren Bruchfestigkeit schon mal auf dem Rücken des Anderen überprüft wurden.
Mit den Gewehren kamen natürlich auch die Böller hinzu. Für die neuen Ein-Orden war es beim ersten Einmarsch der gefürchtete Moment des Versagens, beim erfahrenen Leibgardisten der Moment, sich umzuschauen, wo im Saal die Luftballons hingen und was man sonst noch so von der Decke schießen könnte. Seit diesen Böllern, werden beim "SALUTE FEUER!" schon orsichtshalber die Köpfe im Publikum eingezogen. Es sind aber auch diese Böller, die für etliche Brandlöcher in den Klamotten und schon Mal für eine schwarze Saaldecke sorgten. Das Abfeuern der Böller führte daher nicht nur beim Kinderfasching zu Tränen, sondern auch bei dem einen oder anderen Vermieter der TEWA.

Doch weiter in der Historie...
1965 wurden unter Oskar Kaufmann, dem ortsbekannten General Hitzenblitz, die weißen Kellnerjacken mit roten Stulpen und roten Riemen ergänzt und der Napoleonhut hatte ausgedient. Von nun an ging´s im Dreispitz durch Molbitz, wobei es damals noch nicht klar war, dass sich genau dieser Dreispitz zum Schrecken der hoch gestylten Frisuren entwickeln würde.
Fortan war die Aufgabe des Schutzes nicht mehr genug und die Leibgarde eröffnete nun regelmäßig das abendlich, karnevalistische Programm mit einem Einmarsch, bevor die Funkengarde und der närrische Hofstaat den Saal betraten.
Geprobt wurde dafür jeden Sonntagmorgen auf dem Molbitzer Dorfplatz.

Im Jahre 1972 übernahm dann Roland Sesselmann die Führung der Molbitzer Leibgarde und es sollte mit einem Einmarsch allein nicht mehr getan sein. Durch Inspiration des "westlichen Fernsehens" kam ihm die Idee, zur Abwandlung des Einmarsches und es entstand der mittlerweile traditionelle Wachaufzug der Leibgarde.
Doch nur Marschieren reichte dabei noch nicht aus. So war es Percy Hilker der aus der Leibgarde heraus, die erste Leibgardenkapelle ins Leben rief. Eine Kapelle, heute noch bekannt als "Alte Molbitzer Leibgardenkapelle", wie sie sich jeder spätere General nur hätte wünschen können. Mit Rasseln, Pauken und Trompeten wurde der Leibgarde von nun an der Marsch geblasen. Eine Kapelle die in den letzten Jahrzehnten mehrfach ihre Gestalt wandelte. Von Becken und Tuba übers
Schlagzeug bis hin zu Bass und E-Gitarren war alles mal dabei... Falls übrigens jemand weiß wo die Becken abgeblieben sind...auf dem Dachboden sind sie jedenfalls nicht.

Doch es sollte auch nicht nur für die Frauen im Saal etwas zu sehen geben, sondern endlich auch mal etwas für die Männer. Mit Kristine Schäfer traute sich die erste Frau an die Seite des Generals. Mit schwarzen Lederstiefeln, kurzem Rock und
schwungvollen Beinen wurde sie zum 1. Leibgardemariechen. Ihr folgten bis heute elf Weitere und das Leibgardemariechen war seit dem aus der Leibgarde nicht mehr wegzudenken.

Über die Jahre folgten viele weitere Generäle und die damaligen Ideen des Einmarschs und Wachaufzuges entwickelten sich immer weiter, zu einer festen Größe des Molbitzer Karnevals.
In der jüngeren Geschichte der Leibgarde konnte man sich auch zunehmend an den verschiedensten Spaßeinlagen und Parodien der Leibgarde erfreuen, wobei die Leibgardisten in meist skurrilen Kostümen und mit dem gewissen schauspielerischen
Talent für Lacher im Publikum sorgten. Gern erinnert man sich dabei auch an flotte Showtänze zurück. Aber vor allem die
gemeinsamen Showtänze mit der Funkengarde waren stets ein Highlight des Programms und man traute sich sogar zum Showtanz-Grand-Prix.
Die Wachaufzüge der Leibgarde wurden zunehmend durch die Marschtänze des Leibgardemariechens belebt und mit General Dominik Köhler kam es mit seinem Leibgardemariechen Katharina Köhler, auch zu den ersten gemeinsamen Tänzen am
Ende eines Wachaufzuges. Diese gemeinsamen Tänze zwischen General und Leibgardemariechen entwickelten sich im Laufe der Jahre immer mehr zu einem Showact und einige Tänze davon sind dem einen oder anderen Gast sicherlich noch
in guter Erinnerung.

Die Leibgarde hat aber auch Aufgaben außerhalb des abendlichen Programms.
So trägt sie alljährlich die Verantwortung für den Wagenbau. Wagenbau...das heißt: Viele Stunden Arbeit in der Kälte für eine Bratwurst mit Senf. Der Wagenbau war aber auch ein Ort, an dem junge Leibgardisten, außerhalb des Werkunterrichts, zum
ersten Mal in ihrem Leben mit Werkzeug in Berührung kamen. So kam schon Mal die Frage nach einem rechtsdrehenden Akkuschrauber auf, wenn man doch mit diesem linksdrehenden Akkuschrauber nur Schrauben lockern und nicht festziehen konnte…

Ein weiterer fester Bestandteil im Kalender eines Leibgardisten wurde der Osterspaziergang. Bei dem sich alle am Morgen des Karfreitag auf dem Dorfplatz treffen, um in männertagsähnlicher Weise durch die Umgebung zu ziehen. Eine Tradition die aufrecht erhalten wurde, egal ob es regnete oder manchmal sogar schneite. Ein Spaziergang der auch dazu diente, die Anwärter für die neue Session auf ihre Charakterfestigkeit unter Alkoholeinfluss zu testen. Dabei geschah es auch mal, dass so manch einer im Wald verloren ging.

Aber auch sportlich versuchte sich die Leibgarde. Es begann dabei jedoch eher mäßig. Man fand sich gemeinsam zum Fußballspielen in Schmieritz ein, erklärte sich gegenseitig warum man beim Fußball den Ball nicht in die Hand nehmen darf und
man versuchte Antworten zu finden, warum jedes Mal einer in die Notaufnahme gefahren werden musste. Als die erkämpften "Roten Laternen" beim närrischen Fußballturnier mittlerweile ganz Molbitz beleuchten konnten, geschah im Jahre 2003
das Wunder, als das legendäre "Team Polska" überraschender Weise das närrische Fußballturnier in Duhlendorf gewinnen konnte. Ein Tag der unvergessen bleibt und sogar noch heute sorgen die Aufkleber an den Toren mit der Aufschrift "Otsche eu ja
mäh" für rätselnde Gesichter. Im Jahr darauf holte sich die Leibgarde sogar noch den Siegerpokal beim närrischen Fußballturnier in Wurzbauch und hinterließ dort nicht nur einen sportlichen Eindruck.

Die Leibgarde bewies aber auch soziales Engagement. So beteiligte sie sich nach dem Elbehochwasser an den Aufräumarbeiten in Döbeln oder besuchte die Kinderhilfestiftung Jena, um ihr eine Spende, aus dem damaligen Erlös der Tombola, von 1.045 Euro zu überreichen.

55 Jahre voller Vielfältigkeit und in denen sich doch so einiges über die Jahre veränderte,
55 Jahre in denen aber auch viele Traditionen und Werte der früheren Leibgarde bewahrt wurden.
Diese Werte und Traditionen aufrecht zu erhalten, wird die Aufgabe des Generals und seiner Leibgarde für die nächsten Jahre sein.
55 Jahren von denen der kleine Junge von damals für 24 Jahre lang ein Teil sein durfte. Eine Zeit die er dankend und in bester Erinnerung behalten wird.
55 Jahre Leibgarde waren Jahre die wir mit viel Freude und Emotionen verbinden,
55 Jahre die viele Anwesende hier im Saal mit prägten und bereicherten.
55 Jahren ist die Leibgarde eine Einmaligkeit in Thüringen geblieben und aus dem Molbitzer Karneval nicht mehr wegzudenken.

Egal was noch kommt. Was für eine geile Zeit! Das sind unsere Jahre!
Auf das Leben, auf uns!

DIE LEIBGARDE SIE LEBE....

 

Denny Lukes, ehem. General der LeibgardeDenny Lukes
ehem. General der Leibgarde